Fragen und Antworten

Viele Städte und Gemeinden in den Landkreisen Diepholz, Nienburg (Weser) und Minden-Lübbecke verfügen über einen hervorragenden, komfortablen und schnellen Anschluss mit Regionalexpress oder S-Bahn zu den Oberzentren Bremen, Hannover und Osnabrück. Von der Stadt Sulingen und den Gemeinden im Sulinger und Nienburger Land sowie von den ostwestfälischen Städten und Gemeinden ist dies allerdings nur mit langen und umständ­lichen Anfahrtswegen mit Bus oder PKW möglich. In die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover ist ein solches Angebot in einer attraktiven und mit dem PKW vergleichbaren Zeit gar nicht möglich.

Was ist geplant?

  • 1. Schritt: Förderung und ggf. Durchführung von touristischen Zügen (Sonderfahrten) auf der Strecke Diepholz – Sulingen – (Barenburg). Baldmöglichst sollte die Anbindung über Varrel an die Draisinenstrecke Rahden – Ströhen, die dortige Moorbahn sowie das Europäische Fachzentrum für Moor und Klima („Moorwelten“) in Wagenfeld-Ströhen erfolgen.
  • 2. Schritt: Reaktivierung der Bahnstrecke Sulingen-Bassum im Stundentakt von 5 bis 23 Uhr
  • 3. Schritt: Durchbindung der Strecke nach Bremen Hbf
  • 4. Schritt: Reaktivierung der Bahnstrecke Sulingen-Rahden, damit Anschluss an das ostwestfälische Netz. Es entsteht damit die durchgehende Verbindung Bielefeld Hbf – Herford – Bünde – Lübbecke – Espelkamp – Rahden – Sulingen – Bassum – Bremen Hbf.
  • 5. Schritt: Reaktivierung der Bahnstrecke Diepholz – Sulingen im Personenverkehr und Sulingen – Nienburg (Weser), Umstieg in S-Bahn/Regionalexpress Richtung Hannover.

Die Bahnstrecke ist nicht mehr befahrbar, sie ist auf vielen Kilometern total zugewachsen und vergammelt, die Infrastruktur nach mehr als 20 Jahren zum Teil abgebaut und nicht mehr zu gebrauchen. Lohnt sich ein Wiederaufbau der Strecke?

Auf jeden Fall. Die gesamten Strecken sind nach wie vor für den Eisenbahnbetrieb gewidmet, was die wichtigste Voraussetzung für eine Wiederinbetriebnahme ist. Die abgerissene Brücke in Bassum sowie die inzwischen entfernten Schienen an den Bahnübergängen müssen vom jeweiligen Bau-Lastenträger wiederhergestellt werden.

Dazu kommt noch ein ideeller Grund: Die oben genannten Strecken wurden in schwierigsten Zeiten mit sehr viel Geld, Einsatz und Kraft der örtlichen Bevölkerung und des Staates gebaut. Es ist unserer Meinung nach verwerflich, wenn diese wichtigen und dringend benötigten Strecken weiterhin vernach­lässigt werden und dem Verfall preisgegeben werden. Zudem steht außer Frage, dass eine Eisenbahn im Blick auf Klima- und Umweltschutz stets die bessere Wahl ist gegenüber dem motorisierten Individualverkehr.

Braucht man diese Bahn überhaupt?

Ja, mit Sicherheit! Ganz entscheidend für das Für und Wider einer Reaktivierung ist, dass man die Gesamtstrecken im Auge haben muss! Also nicht die Diskussion um „Bassum – Rahden“ oder „Sulingen – Nienburg“, sondern Bielefeld – Herford – Espelkamp – Rahden – Sulingen – Bassum – Bremen oder (Vechta) – Diepholz – Sulingen – Nienburg (Weser) – Hannover.

Im Endausbau der Reaktivierung gehen wir von durchgehenden (umsteigefreien) und schnellen Zügen im öffentlichen Personennahverkehr aus. Und im Blick auf die Gesamtstrecken ergeben sich ganz erhebliche Einsparungen an Zeit und Kilometern gegenüber den derzeitigen Straßenkilometern.

Fahren die Menschen nicht lieber mit dem Auto oder auf den Landesbuslinien?

Manche ja. Wir werben allerdings dafür, unsere Umwelt und unsere Straßen zukünftig stärker zu entlasten. Viele Menschen sind bereits heute flexibel in der Wahl ihrer Verkehrsmittel und betrachten das Auto nicht als Statussymbol. Fahrrad und Bahn werden selbstverständlich kombiniert. Durch Job-, Semestertickets und andere Zeitfahrkarten wird Mobilität preiswert.

Die Landesbuslinien sind ein sehr guter Anfang für einen sinnvollen Aufbau eines umweltverträglichen öffentlichen Nahverkehrs mit einem hervorragenden Taktangebot. Allerdings ist das Straßennetz auch in unserer Region in den Hauptverkehrszeiten an der Kapazitätsgrenze. Bei Verkehrsstaus steht der Bus ebenfalls im Stau und für die angebotenen Verbindungen sind überflüssige Umsteigevorgänge unvermeidlich.

Dagegen steht nach einer Reaktivierung der Bahnstrecken ein komfortables (umsteigefreies), schnelles, zuverlässiges und sicheres Verkehrsmittel von den Oberzentren in die Region zur Verfügung.

Und der Lärm für die Anwohner? Was ist mit Güterverkehr?

Die Höchstgeschwindigkeit der Züge wird zwischen 80 und 100 km/h liegen. Zeitgemäße Schienenfahrzeuge verursachen bei diesen Geschwindigkeiten keinen unzumutbaren Lärm. Zudem fahren Züge nicht so oft wie Autos oder LKWs, deren Geräusche auf Dauer zu stärkeren Beeinträchtigungen der Anwohner führen. Pfeifen muss die Bahn nur dort, wo die Bahnübergänge weder durch Lichtzeichen noch durch Schranken gesichert sind.

Güterverkehr ist aus Umwelt- und auch aus Kostengründen notwendig. Wichtig ist, dass es sich dabei nicht um Durchgangsverkehre handelt, sondern um sogenannten Ziel- und Quellverkehr. Das heißt, dass im Güterverkehr ausschließlich direkte Anlieger auf der Schiene bedient werden.

Gibt es durch eine Streckenreaktivierung Chancen und Vorteile für die Region?

Ja, mit absoluter Sicherheit! Alle bereits in Deutschland reaktivierten Schienenstrecken weisen ohne Ausnahme im Personenverkehr eine Auslastung auf, die weit über den vorher prognostizierten Werten liegt. Das beste Beispiel in unserer Region ist die Bahnstrecke Osnabrück – Lohne – Vechta – Wildeshausen – Delmenhorst – Bremen. Diese Strecke stand zu Bundesbahnzeiten kurz vor der Stilllegung. Und seit 2003 übertrifft sie, im Stundentakt betrieben und auf zeitgemäße Infrastruktur ausgebaut, die damalige Prognose um 350%!

Unsere Region zwischen Ostwestfalen, Sulinger Land und Bassum erfuhr nach dem Bahnbau im 19. Jahrhundert einen unerhört steilen und überaus nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Mit absoluter Sicherheit wird sich in heutiger Zeit nach einer Reaktivierung der Strecken ein solcher Effekt wiederum einstellen. Die Region wird ganz erheblich an Attraktivität für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben und Menschen gewinnen, die eine allgemeine Prosperität nach sich ziehen wird.

Und die Finanzierung einer Reaktivierung?

Das Wiederherrichten eines Kilometers für die reine Bahnstrecke kostet etwa soviel, wie die Grundsanierung eines Straßenkilometers. Dazu kommen natürlich nicht unerhebliche Kosten für die Bahninfrastruktur (Sicherung der Bahnübergänge, Signale, Bahnsteige usw.). Durch verschiedene Förderprogramme des Bundes und der Länder können bis zu 90% der Baukosten übernommen werden, so dass sich der Anteil der Kommunen ganz erheblich reduziert.

Aktionsbündnis Eisenbahn Bassum-Bünde e.V. (AEBB), Juni 2020